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Im Einzelnen

§ 29 Absatz 1 BJG hat folgenden Wortlaut:

'Schadensersatzpflicht

(1) Wird ein Grundstück, das zu einem gemeinschaftlichen Jagdbezirk gehört oder einem gemeinschaftlichen Jagdbezirk angegliedert ist ( § 5 Abs. 1), durch Schalenwild, Wildkaninchen oder Fasanen beschädigt, so hat die Jagdgenossenschaft dem Geschädigten den Wildschaden zu ersetzen. Der aus der Genossenschaftskasse geleistete Ersatz ist von den einzelnen Jagdgenossen nach dem Verhältnis des Flächeninhalts ihrer beteiligten Grundstücke zu tragen. Hat der Jagdpächter den Ersatz des Wildschadens ganz oder teilweise übernommen, so trifft die Ersatzpflicht den Jagdpächter. Die Ersatzpflicht der Jagdgenossenschaft bleibt bestehen, soweit der Geschädigte Ersatz von dem Pächter nicht erlangen kann.'

Dieser Regelung ist zu entnehmen, dass der Schadensersatz vorrangig durch die Jagdgenossenschaft zu zahlen ist. In der Praxis wird die Ersatzpflicht jedoch vertraglich in aller Regel auf den Jagdpächter übertragen. Erst wenn dieser nicht zahlungsfähig ist, kann der Landwirt sich an die Genossenschaft halten, so dass diese dann zusätzlich als Schuldner zur Verfügung steht.

Der Wildschadensersatzanspruch unterliegt einer Reihe von Beschränkungen. Formell liegen diese etwa in der strikten Einhaltung des Verfahrensablaufs. Materiell ergeben sich Beschränkung des Anspruchs bereits unmittelbar aus § 29 BJG. So wird ein Ersatz nur bei Schäden, die durch die genannten Wildarten hervorgerufen werden, ersetzt. Darunter fallen Schalenwild (Rot-, Dam-, Reh-, und Muffelwild, Gemsen und Schwarzwild), Kaninchen (nicht Hasen!) und Fasane. Darüber hinaus kann der Jagdpachtvertrag weitere Wildarten vorsehen (etwa Dachse oder Feldhasen).

Die Berechtigung zur Geltendmachung des Schadensersatzes liegt immer bei dem Nutzungsberechtigten, d.h. dem Bewirtschafter der Fläche, so dass hierfür das Eigentum nicht entscheidend ist.

Eine weitere Voraussetzung des Anspruchs ist die Zugehörigkeit des geschädigten Grundstücks zu einem gemeinschaftlichen oder Eigenjagdbezirk, während ein Ersatz in befriedeten Bezirken (§ 32 LJG) ausscheidet.

 

Beispiele ersatzpflichtiger Schäden

Zu den typischen Wildschäden gehören:

  • Schäl-/Verbissschäden durch Rehe
  • Feldfrucht- und Brechschäden durch Wildschweine
  • Saatschäden durch Fasane, Nageschäden durch Kaninchen
  • Schäden am Grundstück selbst
  • Schäden an Kulturzäunen durch Wildschweine oder Rotwild
  • Schäden an abgeernteten, aber noch nicht eingeernteten Früchten (z.B.: Kartoffeln, Rüben, die noch vor dem Abtransport auf dem Feld liegen; jedoch nicht: Schäden an Rundballen, Silage, da diese bereits eingeerntet sind.)

 

Umfang des Wildschadensersatzes

Der Umfang des Schadensersatzes richtet sich neben § 31 BJG nach den allgemeinen Schadensregelungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Daher ist vorrangig Naturalersatz zu leisten, das bedeutet, dass der Zustand wiederhergestellt werden muss, der ohne das schädigende Ereignis bestanden hätte. Allerdings kann der Landwirt in der Regel auch Geldersatz von dem Jagdpächter verlangen. Die Höhe der Entschädigung richtet sich nach dem Marktwert. Soweit ein solcher nicht vorhanden ist (etwa bei Silomais), sind andere geeignete Maßstäbe, wie die Kosten der Ersatzfuttermittelbeschaffung anzusetzen. Ein nachweislich höherer Wert (etwa bei Direktvermarktung) ist ebenso zu erstatten wie entstandene Folgeschäden (Bsp.: Aberkennung von Förderprämien), die im Einzelfall dargelegt und ermittelt werden müssen.

Für die Bemessung der Schadenshöhe ist grundsätzlich der Zeitpunkt maßgeblich, zu dem der Schadensersatz zu zahlen ist. Eine Ausnahme hiervon findet sich in § 31 Abs. 2 BJG für die Fälle, in denen sich der volle Wert erst zum Erntezeitpunkt ermitteln lässt.

 

Mitverschulden des Landwirts

Der Schadensersatzanspruch kann sich gemäß § 32 BJG in der Höhe dadurch verringern, dass den Landwirt ein Mitverschulden an der Entstehung trifft. Hier ist zunächst der Fall des Unwirksammachens von vorhandenen Schutzvorrichtungen zu nennen. Da der Landwirt ein Interesse an der Abwehr von Wild hat, scheint dieser Fall zunächst ein wenig konstruiert zu sein. Da der Tatbestand jedoch auch durch bloßes Unterlassen erfüllt sein kann, etwa wenn der Landwirt einen festgestellten Schaden, den er ohne großen Aufwand beheben kann, nicht repariert, ist ein Mitverschulden schnell erreicht. Auch fällt unter den angesprochenen Tatbestand das grundlose Verbieten der Aufstellung eines Zauns, das von dem Jagdpächter angeboten wurde.

Für Sonderkulturen sieht Absatz 2 des § 32 BJG zudem vor, dass bei diesen zwingend Schutzmaßnahme durch den Nutzungsberechtigten der Fläche getroffen werden müssen. Zu den Sonderkulturen nach § 32 Abs. 2 gehören :

  • Weinberge, Gärten, Obstgärten
  • Baumschulen, Alleen, einzelstehende Bäume
  • Forstkulturen, die durch die Einbringung anderer als der Hauptholzarten einer erhöhten Gefährdung ausgesetzt sind
  • Freilandpflanzungen von Garten- und hochwertigen Handelsgewächsen

Bei diesen sind 'übliche Schutzvorrichtung' im Sinne des § 67 LJGDVO nötig; konkret sind dies Drahtgeflechtszäune unterschiedlicher Art für verschiedene Tierarten. Wenn solche Schutzvorrichtungen an Sonderkulturen nicht vorhanden sind oder nicht funktionsfähig unterhalten werden, scheidet ein Schadensersatzanspruch komplett aus. Über die Regelung des § 32 BJG hinaus kann im Einzelfall weiteres Mitverschulden gegeben sein.

 

Schadensminderungspflicht

Daneben ist der Landwirt auch verpflichtet, einen Beitrag zur Geringhaltung des Schadens zu leisten, da ansonsten über die Verletzung der Schadensminderungspflicht der Anspruch ebenfalls verringert werden kann. So ist der Landwirt etwa zum Wiederanbau im selben Wirtschaftsjahr verpflichtet, soweit dies möglich ist. Ansonsten können lediglich die Kosten für einen Wiederanbau geltend gemacht werden, nicht jedoch der volle Ernteersatz. Diese Pflicht findet jedoch dann ihre Grenzen, wenn die Kosten den zu erwartenden Erlös übersteigen.

 

Verfahren der Wildschadensregulierung im Überblick

Grobraster für den Ablauf des Verfahrens:

  • Anmeldung binnen einer Woche ab Kenntnis, § 34 BJG
  • Mitteilung über fehlende gütliche Einigung binnen einer Woche ab Anmeldung, § 61 LJGDVO
  • Gütliche Einigung mit Niederschrift, § 62 LJGDVO
  • Einleitung des Vorverfahrens: Ortstermin, mit den Beteiligten, der Verwaltung und dem Wildschadensschätzer 
  • Vorbescheid, § 63 LJGDVO
  • Gerichtliches Nachverfahren

 

Zum Verfahren im Einzelnen

Als das entscheidende Kriterium für eine erfolgreiche Geltendmachung eines Wildschadensersatzes ist die Anmeldung des Schadens binnen einer Woche ab Kenntnis von dem Schaden zu nennen. Diese Wochenfrist ist von zentraler Bedeutung, da bei Nichtanmeldung der Anspruch unmittelbar erlischt und eine Geltendmachung im Rahmen des Wildschadensverfahrens nicht mehr möglich ist. Dies gilt auch bei Anschlussschäden, so dass auch bei ständig neu auftretenden Schäden eine Anmeldung von Woche zu Woche erfolgen muss. Alle anderslautenden Vereinbarungen sind zwar praktikabel und im Einzelfall bei verlässlichen Partnern auch durchaus sinnvoll. Sollte es in einem solchen Fall ,in dem auf die Anmeldung der einzelnen Schäden innerhalb der Wochenfrist verzichtet wurde, zum Streit kommen, besteht keinerlei Möglichkeit mehr, einen Schadensersatz über das gesetzlich geregelte Wildschadensverfahren zu erhalten.

Aufgrund der dargestellten Wochenfrist besteht für den Landwirt zudem die Verpflichtung zur regelmäßigen Überprüfung der Felder. Dem Erfordernis wird in der Regel genügt, wenn eine Feldbegehung einmal im Monat stattfindet, bei besonders gefährdeten Flächen sogar wöchentlich. Hiervon kann nur in seltenen Ausnahmefällen, wie zum Beispiel einer hohen Schneelage, abgewichen werden. Stellt der Landwirt anlässlich einer solchen Inaugenscheinnahme seiner Flächen einen Schaden fest, so hat er diesen innerhalb der Wochenfrist unter der ihm möglichen Angabe von Schadensort und Schadensursache, dem Namen des Ersatzpflichtigen und der Höhe des zu erwartenden Schadens bei der zuständigen Verbandsgemeinde- oder Stadtverwaltung zu melden.

 

Einleitung des Vorverfahrens

Nach der Anmeldung hat der Landwirt gemäß § 61 LJGDVO eine weitere Woche Zeit, sich mit dem Jagdpächter auf eine Behebung des Schadens zu einigen. Kommt es nicht zu einer solchen Einigung, muss der Geschädigte dies der Verwaltung mitteilen. In dieser Mitteilung muss der Geschädigte nach der Neuregelung der LJGDVO zwingend Angaben zur Höhe des Schadens machen. Da sich hiernach die Kostenverteilung berechnet, ist der Geschädigte gefordert, einen realistischen Wert anzugeben, was im Einzelfall erhebliche Schwierigkeiten bereiten kann.

Daraufhin leitet die Verwaltung das eigentliche Vorverfahren ein, indem ein einheitlicher Ortstermin bestimmt wird. Neben der Verwaltung nehmen an diesem Termin der Schädiger und der Geschädigte teil. Gemäß der neuen Gesetzeslage muss der Wildschadensschätzer ebenfalls an diesem Termin teilnehmen. Damit bedarf es nicht mehr, wie bisher der Durchführung zweier Ortstermine. Das Umweltministerium ist in diesem Punkt einer Forderung der Landwirtschaftskammer und der beiden Bauernverbände zur Verfahrensvereinfachung gefolgt.

Auch nach derzeitigem Rechtsstand dient der Ortstermin weiterhin dazu, eine gütliche Einigung zu finden, worüber im Erfolgsfall eine Niederschrift zu fertigen ist. Dann endet das Verfahren an dieser Stelle. Kann jedoch keine gütliche Einigung zwischen den Parteien erzielt werden, wird der Wildschadensschätzer aktiv in das Verfahren einbezogen.

 

Wildschadensschätzer

An dieser Stelle, d.h. nur, wenn vorher keine gütliche Einigung erzielt werden kann, kommt daher die Person des Wildschadensschätzers ins Spiel.

Die Untere Jagdbehörde bestellt mindestens einen Schätzer plus Stellvertreter für jede verbandsfreie Gemeinde und VG. Voraussetzung für die Bestellung zum Wildschadensschätzer ist, dass dieser 'landwirtschaftlich ausgebildet' sein muss. Eine abgeschlossene Ausbildung in einem landwirtschaftlichen Ausbildungsberuf ist hiermit jedoch nicht gemeint.

Die Vergütung für den Schätzer bemisst sich seit der Gesetzesnovelle nach der Honorargruppe 1 des Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetzes (JVEG). Für die erste Stunde der Tätigkeit des Sachverständigen ist der volle Satz der Honorargruppe 1 (50,00 ?) , für jede weitere Stunde lediglich der halbe Satz (25,00 ?), zu zahlen. Hinzu kommen Fahrtkosten und eventuell Kosten für weiteren Aufwand. Nach altem Recht lag die Vergütung lediglich bei 30,68 ? bei bis zu 5 Stunden Tätigkeit, zuzüglich Fahrtkosten.

Angesichts der Erhöhung der Vergütung verlangt die LJGDVO nunmehr auch zwingend, dass die Niederschrift des Schätzers eine Kostenaufstellung für die Wildschadensschätzung enthält.

Vorbescheid

Ohne gütliche Einigung ergeht der sogenannte Vorbescheid auf der Grundlage der Niederschrift durch den Schätzer.

 

Der Vorbescheid beinhaltet folgende Punkte:

  • Bezeichnung der Kulturart des beschädigten Grundstücks
  • Schadensursache (Wildart), Umfang des Schadens nach Flächengröße und Anteil der beschädigten Fläche
  • Schadensbetrag und Berechnungsart
  • Kostenaufstellung des Schätzers
  • Kostentragung nach dem Grad des Obsiegens
  • Rechtsmittelbelehrung

 

Der Vorbescheid, der kein Verwaltungsakt ist, wird per Einschreiben zugestellt, und es fallen Gebühren nach dem Besonderen Gebührenverzeichnis der Jagdverwaltung an. Damit ist das Vorverfahren abgeschlossen

 

Gerichtliches Verfahren

Im Anschluss an das Verwaltungsverfahren kann ein 'normales' gerichtliches Verfahren durchgeführt werden. Da der Vorbescheid gerade kein Verwaltungsakt ist, handelt es sich um ein Klageverfahren vor den ordentlichen Gerichten. Sachlich und örtlich ausschließlich zuständig ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk die Gemeinde liegt.

Die Klage muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat ab Zustellung des Vorbescheids erhoben werden. In diesem Klageverfahren ist das Gericht nicht an die amtlichen Schätzungen gebunden. Als Möglichkeiten zur Verfahrensbeendigung kommen sowohl Urteil und Beweisbeschluss (neuerliche Begutachtung durch Sachverständigen), als auch ein Vergleich in Betracht.

 

Fazit

Dem Verfasser ging es darum, die grundlegenden gesetzlichen Vorgaben des Wildschadensverfahrens zusammenhängend darzustellen und die wesentlichen Punkte herauszuarbeiten. Darüber hinaus sollte die gütliche Einigung als ein Punkt von zentraler Bedeutung auch im Rahmen des Wildschadensverfahrens hervorgehoben werden. Sehr häufig enden Gerichtsverfahren in einem Vergleich. Das Wildschadensverfahren bietet jedoch zahlreiche Möglichkeiten einer frühzeitigeren einvernehmlichen Streitbeilegung, durch die Zeit, Nerven und Kosten gespart werden können. Voraussetzung ist selbstverständlich ein sachlicher Umgang mit der Problematik. Von daher sollten von beiden Seiten Schuldzuweisungen und Polemik unterlassen und zielgerichtet an einer vernünftigen Lösung des Problems gearbeitet werden. So lassen sich auch die zweifellos zahlreichen Mängel und Probleme des Verfahrens und mögliche Fehler in der Bearbeitung des Schadensfalles von vornherein vermeiden. Gehen Sie als Beteiligter daher auf die jeweils andere Seite zu und verstehen Sie sich nicht als Gegner, sondern als Partner in Bezug auf die Findung eines sachgerechten Lösungsweges. Dann werden Sie auch auf längere Sicht ein gutes Verhältnis untereinander erreichen können und müssen erst gar nicht eine Diskussion auf rechtlicher Ebene mit diffizilen Einzelfallentscheidungen und mit oftmals ungewissem Ausgang führen.

 

 

Rolf Rauland, lwk

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