Back to Top

 

Seit Anfang der 1980er Jahre stiegen die Schwarzwildpopulation sowie die Jagdstrecke dieser Wildart enorm an. Damit einhergehend waren und sind zum Teil sehr hohe Wildschäden in der Landwirtschaft und im Weinbau zu beklagen. Hinzu kommen die Wildseuchenproblematik und die gestiegenen Verkehrsunfallzahlen.

Gerade hinsichtlich der in Osteuropa und seit Herbst 2018 – nur noch rund 40 km entfernt - in Belgien vorkommenden Afrikanischen Schweinepest (ASP) ist festzuhalten, dass flächendeckend Wildschweinpopulationen mit hohen Tierdichten vom Baltikum bis nach Deutschland bestehen. Eingeschleppt in nicht infizierte Gebiete besteht die Gefahr, dass sich die ASP dort mit der Tendenz der weiteren Ausbreitung dauerhaft festsetzen wird. Die Folgen sind schwerwiegende Restriktionen für schweinehaltende Betriebe und Jagende. Eine Impfung gegen ASP ist derzeit nicht möglich. Daher sollten sich alle Beteiligten regelmäßig die Risiken der Einschleppung und Möglichkeiten der Bekämpfung bei einer Früherkennung bewusst machen. Je früher die ASP erkannt wird, desto besser stehen die Chancen einer Tilgung, was die in Tschechien angewandten Maßnahmen zeigen. Je weniger Wildschweine in einer Region leben, desto kleiner die Zahl der Tiere die erkranken können und desto besser die Bekämpfungsaussichten.

Die Schwarzwildbestände sind daher auf eine den landeskulturellen Verhältnissen angepasste Bestandsdichte zu bringen, um insbesondere

 

Schwarzwildschäden in der Landwirtschaft und im Weinbau zu verringern,

das Risiko einer Ausbreitung von infektiösen Tierseuchen abzusenken,

Gefahren durch Verkehrsunfälle mit Schwarzwildbeteiligung zu mindern sowie

dem zunehmenden Vorkommen von Schwarzwild in städtischen Bereichen entgegenzuwirken.

 

Der Landesgesetzgeber von Rheinland-Pfalz hat hierzu im Jahr 2010 bei der umfassenden Novellierung des Landesjagdgesetzes (LJG) das Schwarzwild erstmals mit in die gesetzliche Abschussregelung einbezogen. Seither sollen gemäß § 31 Abs. 2 Satz 2 LJG Abschussvereinbarung und Abschusszielsetzung auch Regelungen über den Abschuss von Schwarzwild enthalten.

Darüber hinaus wurden im Jahr 2013 durch die Landesjagdverordnung (LJVO) die Jagdzeiten neu bestimmt und festgelegt, sodass Schwarzwild grundsätzlich ganzjährig bejagt werden darf. Davon ausgenommen sind lediglich die für die Aufzucht notwendigen Elterntiere bis zum Selbständig werden der Jungtiere, mithin Bachen, soweit sie abhängige (gestreifte) Frischlinge führen.

Gesetz- und Verordnungsgeber haben somit für die Jägerschaft weitest gehende Möglichkeiten geschaffen, den notwendigen Verminderungsabschuss durchführen zu können, ohne die dabei erforderlichen tierschutzrechtlichen Aspekte zu vernachlässigen.

Obwohl die zuständigen Behörden die jagd- sowie die tierseuchenrechtlichen Vorschriften konsequent anwenden und deren Einhaltung kontrollieren, belegen die Jagdstrecken zwar einerseits das große Engagement der Jägerinnen und Jäger, zeigen aber andererseits auch, dass bislang keine nachhaltige Trendwende der Entwicklung herbeigeführt werden konnte.

Dies legt den Schluss nahe, dass die seit dem Ausbruch der Klassischen Schweinepest (KSP) bei frei lebendem Schwarzwild im Jahr 1999 herausgegebenen und jährlich gemeinsam überarbeiteten Empfehlungen zur Reduktion überhöhter Schwarzwildbestände bislang in der Fläche noch nicht ausreichend umgesetzt worden sind.

Die Unterzeichnenden dieses Handlungsprogramms sind jedoch einvernehmlich der Überzeugung, dass ein wesentlicher Schlüssel zur Lösung der Schwarzwildproblematik im gemeinsamen Engagement der Akteure vor Ort unter Berücksichtigung der jeweiligen regionalen Verhältnisse liegt

 

Aus diesem Grund sollen auf örtlicher Ebene unter Beteiligung der wichtigsten Interessenvertreter (insbes. Jägerschaft, Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Jagd-rechtsinhaber, Behörden, LBM, Polizei), „Runde Tische Schwarzwild“ etabliert werden.

Ziel ist die situationsbedingte Bildung von „Aktionsgemeinschaften Schwarzwild“. Dabei sind alle Verantwortlichen vor Ort unter Initiative der Kreisjagdmeisterin oder des Kreisjagdmeisters aufgefordert, Lösungen zu erarbeiten. Auf die besondere Verantwortung der Hegeringe für den Erfolg des Handlungsprogramms vor Ort wird ausdrücklich hingewiesen.

Insbesondere sollen nachfolgende Punkte erörtert und berücksichtigt werden:

1. Der Schwarzwildbestand ist in allen Landesteilen von Rheinland-Pfalz deutlich zu verringern.

2. Das Schwarzwild muss weiterhin ganzjährig intensiv bejagt werden. Hierzu sind die Jagdausübungsberechtigten, die Jagdrechtsinhaber und die zuständigen Jagdbehörden aufgefordert, alle jagdpraktischen, technischen und rechtlichen Möglichkeiten (z. B. tierschutzgerechter Einsatz von Frischlingsfallen, Drohneneinsatz, etc.) zur Optimierung der Schwarzwildbejagung auszuschöpfen. Die Jagdausübungsberechtigten in den staatlichen Regiejagden nehmen ihre Vorbildfunktion wahr.

 

Die Unterzeichner begrüßen, dass der Gesetzgeber derzeit die waffenrechtlichen Voraussetzungen beim Einsatz von Nachtziel- bzw. Vorsatztechnik bei der Jagd auf Schwarzwild prüft.

3. Die Höhe des Abschusses der Zuwachsträger (weibliche Stücke) ist deutlich zu steigern. Bachen, die noch erkennbar abhängige (gestreifte) Frischlinge führen, sind zu schonen. Beim Vorkommen gemischter Rotten ohne abhängige Frischlinge sollten konsequent Bachen erlegt werden.

4. Frischlinge sind umfassend und unabhängig vom Alter und von Größe zu bejagen.

5. Neben evtl. jagdbezirksspezifischen Vorgaben sollen die abzuschließenden Abschussvereinbarungen/Abschusszielsetzungen für Schwarzwild diese Bejagungsempfehlungen umsetzen und zusätzliche Vereinbarungen zur Abschusszielerreichung zum Inhalt haben (Seite 3 von 6, Abschussvereinbarung Schwarzwild).

6. Jegliche Beschränkungen der Jagdausübung auf Schwarzwild durch Gewichts- oder Altersvorgaben sind zu unterlassen.

 

 

7. Großräumige, flächendeckende und Revier übergreifende Bewegungsjagden sind eine besonders effektive Form der Schwarzwildbejagung und sind vermehrt durchzuführen. Für Revier übergreifende Jagden sind gezielt Schützen einzuladen, die ihre Schießfertigkeit nicht nur durch einen jährlich zu erbringenden Übungsnachweis belegen können, sondern darüber hinaus weiter verbessern. Das Ministerium für Umwelt, Energie, Ernährung und Forsten bietet ein kostenloses Schießtraining an. Im Hinblick auf die Verkehrssicherungspflicht der Jagdausübungsberechtigten soll auf eine kostengünstige und zeitnahe Genehmigungs- und Beschilderungspraxis hingearbeitet werden. Insbesondere sollen die Forstämter in Zusammenarbeit mit den örtlichen Hegeringen frühzeitig (im Frühsommer) benachbarte Revierinhaber ansprechen und auf eine Organisation Revier übergreifender Jagden hinarbeiten. Individuelle Wünsche einzelner Revierinhaber bei der Wildfreigabe andere Wildarten betreffend sollen dabei berücksichtigt werden. Diese dürfen aber kein Hinderungsgrund für die Beteiligung an solchen Jagden sein.

 

Wünschenswerte Flankierung durch den Gesetzgeber: Es sollen Schießübungsnachweise als Voraussetzung zur Teilnahme an Bewegungsjagden verbindlich vorgeschrieben werden.

8. Da bei Bewegungsjagden auf Schwarzwild brauchbare Jagdhunde zwingend erforderlich sind, sollen gut ausgebildete Jagdhunde in ausreichender Anzahl verfügbar sein bzw. gefördert werden. Benachbarte Jagdausübungsberechtigte sollen sich hinsichtlich der bei Drückjagden über Jagdbezirksgrenzen hinaus jagende Hunde verständigen (z. B. im Rahmen der Wildfolgevereinbarungen). Bei der Durchführung von Bewegungsjagden soll das unvermeidbare Überjagen von Hunden über die Jagdbezirksgrenze im Einzelfall toleriert werden.

9. Jeder kommunale Satzungsgeber wird aufgefordert, im Rahmen seines politischen Ermessens zu prüfen, ob eine Steuervergünstigung/-befreiung für die Haltung von brauchbaren Jagdhunden in der örtlichen Satzung zur Erhebung der Hundesteuer vorgesehen werden kann.

10. In den Vollmondphasen und bei Schneelage sollen Gemeinschaftsansitz-jagden auf Schwarzwild durchgeführt werden, nach Möglichkeit Revier übergreifend. Die Forstämter und die Hegeringe unterstützen die Revierinhaber bei der Koordination, insbesondere auch unter Nutzung elektronischer Medien und Sozialer Netzwerke.

11. Der künstliche Futtereintrag ist zu minimieren. Jäger, Grundeigentümer, Landnutzer und Jagdbehörden sollen Verstößen gegen die Fütterungs- und Kirrungs-bestimmungen (LVO über die Fütterung und Kirrung von Schalenwild (2005)) entschieden entgegentreten. Die Unteren Jagdbehörden stellen den Forstämtern geeignete Informationen und Kartenmaterial über angezeigte

 

 

Kirrungen zur Verfügung. Im Rahmen ihrer dienstlichen Verpflichtung sind Forstbeamte verpflichtet, ordnungswidriges Verhalten anzuzeigen.

12. Die Jagdausübungsberechtigten sollen revierlose Jägerinnen und Jäger am Abschuss von Schwarzwild beteiligen. Die Vereinigungen der Jägerinnen und Jäger und die Jagdrechtsinhaber setzen sich dafür ein.

13. Für die Erlegung von Schwarzwild werden in der staatlichen Regiejagd keine Jagdbetriebskostenbeiträge erhoben.

14. Die land- und forstwirtschaftlichen Betriebe werden gebeten, die Jagdaus-übungsberechtigten bei der Bejagung durch Verbesserung der jagdlichen Infrastruktur (Schussschneisen, Hochsitze etc.) zu unterstützen.

 

Deshalb werden die Bauern- und Winzerverbände gebeten, ihre Mitglieder aufzufordern, aktiv das Gespräch zur Verbesserung der jagdlichen Infrastruktur mit den Jagdausübungsberechtigten zu suchen. Die Unterzeichner setzen sich dafür ein, dass die Förderrichtlinien in Bezug auf die Anlage von Schussschneisen auf landwirtschaftlichen Flächen praxisgerechter ausgestaltet werden (Merkblatt „Bejagungsschneisen und Direktzahlungen“, BMEL 2018).

15. Die Möglichkeiten der Gebührengestaltung für die Trichinenbeschau beim Schwarzwild, insbesondere mit dem Ziel einer Gebührenreduzierung bei Frisch-lingen, sollen voll ausgeschöpft werden.

16. Um die Schweinepest frühzeitig zu erkennen, sind von jedem Stück Fallwild und von jedem krank erlegten Wildschwein Proben zur Untersuchung zu entnehmen (Blutprobe oder Stück Milz, sofern kein Blut mehr zu gewinnen ist). Die Beprobung von Fallwild wird vom Ministerium für Umwelt, Energie, Ernährung und Forsten durch eine Prämie in Höhe von 50 Euro unterstützt. Damit möglichst viel Fallwild auf Schweinepest untersucht werden kann, werden die Jägerinnen und Jäger bei Reviergängen gebeten, besondere Aufmerksamkeit auf diese Indikatortiere zu richten. Dies betrifft speziell Reviere in deren Nähe sich Parkplätze sowie Picknickplätze mit internationalem Publikum befinden (z.B. Fernverkehr aus Baltikum oder Osteuropa).

 

Wir benutzen Cookies

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.